Leitzins und Tagesgeld: Wie Ihnen die EZB einen Strich durch die Rechnung macht

Mario DraghiKaum im Amt, sorgte der neue Ratspräsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, für Aufsehen. Bereits zwei Tage nach seinem ersten Arbeitstag, am 3. November 2011, senkte der Italiener den Leitzins auf 1,25 Prozent. Seit dem 10.03.2016 befindet sich der EZB-Leitzins bei inzwischen 0,00%. Ein Rekordtief, das die Konjunktur positiv beeinflussen soll. Doch welche Auswirkungen hat dies auf Sie als Anleger?

Der Vater aller Zinsen

Gesteuert wird der Leitzins von der EZB. Über ihn kann die gemeinsame Währungsbehörde der Euro-Staaten die Geldmenge in den Ländern und damit die wirtschaftliche Entwicklung beeinflussen. Die Höhe des Leitzinses gibt an, welche Abgaben die europäischen Banken zahlen müssen, wenn sie sich Geld bei der EZB leihen. Ebenso beziffert sie aber auch, was die Banken an Zinsen erhalten, wenn sie Geld bei der EU-Währungsbehörde anlegen.

Eine Senkungen bedeutet demnach: Je tiefer der Zins, desto günstiger wird es für die Finanzinstitute, große Mengen Kapital abzurufen und dieses ihren Kunden zur Verfügung zu stellen – zu einem ebenfalls niedrigen Zinssatz. Der Nachteil ist, dass so mehr Geld in Umlauf kommt und es an Wert verliert. Stellt die EZB eine zunehmende Inflation fest, hebt sie die Zinsen wieder an und vergibt weniger Kredite an die europäischen Finanzinstitute; gleichzeitig tätigt sie wieder mehr Anlagen und stabilisiert so den Markt.

Mit sinkendem Leitzins schrumpfen Ihre Gewinne

Für den Verbraucher wirkt sich dieses Auf und Ab leider nicht immer positiv aus. Und zwar genau dann, wenn der Leitzins gesenkt wird und er sein Geld als Tages- oder Festgeld deponieren möchte. Denn kann eine Bank das ihr zur Verfügung stehende Kapital bei der EZB mit einer nur geringen Zinsausschüttung anlegen, gibt es die gesunkene Rendite leider direkt in Form von niedrigeren Tagesgeldzinsen an den Kunden weiter.

EZBDies tut sie in der Regel mit einer Marge von 0,5 Prozent. Der Grund dafür ist, dass eine Bank – möchte sie dauerhaft rentabel wirtschaften – die Zinsen für Tages- und Festgeld stets einen halben Prozent unter dem Leitzins halten muss. Beim derzeitigen Zinstief müsste die Verzinsung auf Tagesgelder daher gerade einmal 0,5 Prozent betragen. Kaum ein Finanzkonzern möchte jedoch mit diesen erschreckenden Zahlen seine Kunden vergraulen, so dass er derzeit oft auf die Marge verzichtet und der Leitzins ohne Abzüge auf ein Tagesgeldkonto oder eine Festgeldanlage garantiert wird.

Hoch, höher und der tiefe Fall

Durch den Wettbewerbsdruck unter den Finanzinstituten bieten einige von ihnen Zinsen im Rahmen einer Tagesgeldanlage an, die über dem Leitzins liegen. Wie beschrieben bedeutet dies für die Bank, dass sie Verluste macht. Dieses Risiko gehen sie daher in der Regel nur zeitlich beschränkt im Rahmen der Neukunden-Akquise ein. Sprich: Neue Kunden erhalten den hohen Zins für ein paar Monate, danach wird dieser jedoch auf das Niveau des normalen Zinses gesenkt. Sollte Ihnen eine Bank dauerhaft eine über dem Leitzins liegenden Rendite garantieren, sollten Sie dieses Finanzinstitut eher in Frage und sich nicht dieselbige stellen, ob sie dort investieren.

Tagesgeld, die bessere Anlage bei niedrigem Leitzins

Wer daher gerade über eine Geldanlage nachdenkt, sollte daher beachten: Beim Festgeld steht der Zinssatz über die Dauer der Anlagezeit fest und wird während der Laufzeit nicht verändert. Ist der Zinssatz beim Abschluss niedrig kann dieser auch nicht mehr angehoben werden. Im Gegensatz dazu ist ein Tagesgeldkonto flexibler. Steigt der Leitzins wieder an, werden auch die Zinsen für das angelegte Kapital wieder erhöht. Daher sollten Sie neben einigen anderen Punkten bei Ihrer Entscheidung stets auch den Leitzins beachten! Bei einem niedrigen Leitzins ist die Tagesgeldanlage oftmals die rentablere Sparvariante.

Des einen Leid, des anderen Freud’

Abschließend noch ein Anlagetipp für alle, die in materielle Werte investieren möchten: Bauherren und solchen, die es werden wollen, bieten sich gerade optimale  Vorraussetzungen. Denn wer jetzt ein langfristiges Hypothekendarlehen aufnehmen möchte, um beispielsweise ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen, erhält basierend auf dem niedrigen Leitzins attraktive Bauzinsen, die Sie sich im Rahmen eines Darlehens mit einer über 15 Jahre zugesicherten Zinsbindung garantieren lassen können.

Die letzten Leitzins-Anpassungen in der Übersicht

  • 10.03.2016: von 0,05% auf 0,00%
  • 04.09.2014: von 0,15% auf 0,05%
  • 05.06.2014: von 0,25% auf 0,15%
  • 07.11.2013: von 0,50% auf 0,25%
  • 02.05.2013: von 0,75% auf 0,50%
  • 05.07.2012: von 1,00% auf 0,75%
  • 08.12.2011: von 1,25% auf 1,00%
  • 03.11.2011: von 1,50% auf 1,25%
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Bildquellen: EZB, Özcan Arslan – Fotolia.com

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